Der Kairoer Friedensgipfel – eine Frage der Perspektive??

ITC -Redaktion von Madjid Toussi aka David Morgenroth

24. Oktober 2023

 

Das am 21.10.2023 auf dem Kairoer Friedensgipfel nichts einheitlich beschlossen wurde, macht wieder einmal das Dilemma der europäischen Nahostpolitik deutlich. Hier wird nochmals erkennbar, wie Europa und besonders Deutschland Schritt für Schritt jegliches Vertrauen in Westasien verspielen. Europa riskiert damit nicht nur eine Spaltung der gesamten Welt, sondern darüber hinaus einen Flächenbrand, der unkontrollierbar um sich greifen könnte.

Zum Kairoer Friedensgipfel wurde vom ägyptischen Präsidenten Abdel Fattah el Sissy geladen. Der Druck auf die ägyptische Regierung ist immens, da Ägypten neben Syrien, Jordanien und dem Libanon am meisten unter dem Israel – Palästina – Konflikt leidet. Diese Einladung diente mit Sicherheit nicht nur der Vertretung eigener nationaler Interessen, sondern ist auch in hohem Maße eine Geste der Würdigung Europas. Ob dieser Friedensgipfel wieder eine vertane Chance war oder doch noch zum Schulterschluss westasiatischer und europäischer Staaten führen wird, ist davon abhängig, wie sehr Europa seine historische Verantwortung übernimmt oder nicht!

Der gesamten Levante kommt eine geostrategische wie auch kulturhistorisch besondere symbolische Bedeutung zu. Die Levante ist nicht nur die Region, in der Homo Sapiens Sapiens bei seinem Auszug aus Afrika zum ersten Mal dem Homo Neanderthalensis begegnete, diese Region ist außerdem die Bruchkannte bzw. der Schmelzpunkt zwischen Europa, Asien und Afrika. Entlang dieser Linie ist fast die gesamte Menschheitsgeschichte bis heute abbildbar.

Die Levante ist wahrscheinlich eine der Regionen, in der die meisten Konflikte seit Menschengedenken stattgefunden haben. Sie ist die Region, in der die offenen und verdeckten Konflikte der Großmächte zum Leidwesen der dort ansässigen Menschen und Völker immer wieder eskalieren.

Die letzten 500 Jahre haben die Europäer die Welt dominiert, davor waren es die Türken, davor die Araber, usw. alle haben leid, Verwüstung und schwere Traumata hinterlassen, die von Generation zu Generation weitergegeben wurden. Daraus entstanden kulturelle Narrative, die klare Freund-Feind-Bilder generierten. Diese Freund-Feind-Bilder wurden schließlich kultiviert und überdauerten Jahrhunderte. So ist es kein Zufall, dass George Bush vor seinem Überfall des Iraks die Kreuzzugsmetapher bemühte, um die westliche Welt auf seinen Krieg einzustimmen. Die heutige öffentliche Rhetorik in den westlichen Medien in Bezug auf das palästinensische Volk als solches, hat nach dem Überfall durch die Hamas am 07. Oktober 2023 bereits eine brisante entmenschlichende Färbung angenommen!

Der `westlichen Welt´ und besonders Deutschland kommt in Bezug auf den Israel – Palästina – Konflikt eine besondere Bedeutung zu. Der westliche Imperialismus und sein Kolonialismus der letzten 500 Jahre hat eine Rassenideologie hervorgebracht, die Nichteuropäer herabwürdigt und eine Parteinahme westlicher Politiker für europäisch aussehende Menschen begünstigt – die meisten Israelis sehen aus wie Europäer.                                                                                                                                                      Das viel zitierte Schuldgefühl der Deutschen gegenüber den Juden wegen des Holocaust, bringt die deutsche Politik zusätzlich in ein Dilemma noch größter Tragweite. Einerseits wird es zur deutschen Staatsräson Israel beizustehen, andererseits will sich die deutsche Politik an den geltenden Menschenrechtskonventionen orientieren und den Konflikt deeskalieren. Durch dieses Dilemma verhindert die deutsche Außenpolitik nicht nur die dringend notwendige einheitliche europäische Haltung, sie verliert an Konturen und vor Allem dadurch an Einfluss in Westasien.                                                                                                                                                                                                                Der Angriff der USA auf den Irak hat schon genug Chaos erzeugt. Er hat für die Entstehung des IS gesorgt und das faschistische iranische Regime gestärkt. Der Konflikt in der Levante bzw. der Konflikt an der Bruchkante zwischen Ost und West kann in der heutigen Zeit eine Apokalypse auslösen. Weil der Iran und die USA zurzeit ihren Konflikt in der Levante austragen, dürfen die deutschen Politiker als vermittelnde Kraft erst recht nicht in ihrem Dilemma verharren und einen Schulterschluss mit den westasiatischen Regierungen blockieren. Ganz im Gegenteil die Einladung durch den ägyptischen Präsidenten war eine Chance, die bemerkenswerterweise von einer grünen deutschen Außenministerin nicht ergriffen wurde. Die deutsche Außenministerin Frau Bärbock bestand stattdessen darauf, die Hamas eindeutug als Schuldige des Krieges zu identifizieren. Nun – wollen wir eine faires Urteil fällen, müssen wir doch wie bei allen Konflikten beide Seiten betrachten und vor Allem den Gesamtkontext berücksichtigen, so haben es sowohl die alten Germanen wie auch die alten Elamer gemacht. Warum macht das deutsche Aussenministerium das heute anders??  Der Gesamtkontext ist beim Nahostkonflikt riesengroß und zudem sehr verschachtelt, daher ist diese geforderte Staatsräson wahrscheinlich auf einen nun nicht mehr so einfach zu korrigierenden Schnellschuss zurückzuführen.

Die oben beschriebene Generierung und Kultivierung von Freund-Feind-Bildern wird seit den 60ger Jahren im Rahmen der Erforschung der `Transgenerationellen Trauma Verarbeitung´ wissenschaftlich erforscht. Wie traumatische Erfahrungen von persönlichen Narrativen zu kulturellen Narrativen werden, ist den meisten aufgeklärten Gesellschaften ebenfalls bekannt. Ein Trauma kann auf unterschiedliche Weise verarbeitet werden. Handelt es sich um Gewalttraumata, die nicht psychologisch behandelt werden, besteht die Trauma Verarbeitung sehr oft darin, die Traumata gemeinsam mit einer rationalen Rechtfertigung zur Gewalt an die nächste Generation weiterzugeben, wobei das Trauma selbst die emotionale Rechtfertigung darstellt. Der Traumatisierte neigt dann dazu, anderen Gewalt anzutun, um sein Trauma zu überwinden. Genau dies passiert seit Jahren in Gaza. Die Ähnlichkeit mit dem Warschauer Ghetto ist nicht von der Hand zu weisen.

Andererseits sind die Schuldgefühle der Kinder und Enkel der Holocausttäter eine emotionale Antwort auf die Gräueltaten ihrer nationalsozialistischen Väter. Der Moment der Erkenntnis, in dem die Kinder der Täter von deren Täterschafft erfahren, ist seinerseits traumatisch. Wird ein Schuldtrauma nicht psychologisch behandelt, besteht die Trauma Verarbeitung allzu oft in der Solidarisierung mit den Opfern. Natürlich ist es probat das eigene Schuldgefühl zu neutralisieren, indem man seine Opfer gegen einen dritten unterstützt.

Die allermeisten Einwohner Israels sind Vertriebene und Flüchtlinge der Judenverfolgung Europas und insbesondere Deutschlands bzw. deren Kinder und Enkel. Es ist besonders anzumerken, dass die Juden bis dahin in den Islamischen Ländern unbehelligt lebten. Erst mit der Vertreibung der Palästinenser aus ihrer Heimat begann der Hass auf Israel woraus dann auch motiviert durch Chomeini ein Judenhass wurde.

Der Kolonialismus, seine Rassentheorie und das Dritte Reich haben die Fluchtbewegungen nach Israel befeuert und damit die Fluchtbewegungen der Palästinenser ausgelöst!!

Eine Lösung des Nahostkonfliktes ist nur möglich, wenn die am Friedensprozess beteiligten Politiker ihre eigenen Interessen hintenanstellen und eine neutrale und aufgeklärte Perspektive einnehmen. Aus einem Schuldgefühl heraus zu agieren, schließt Rationalität aus. Somit ist es fragwürdig, ob diese von der deutschen Regierung propagierte Staatsräson für einen Friedensprozess zielführend ist.

Europa und insbesondere Deutschland hat nicht nur eine historische Verantwortung für die Opfer des Holocaust, sondern eine Verantwortung für Alles, was auf den von Deutschland losgetretenen Rassenwahn folgte und damit auch für die Palästinensische Zivilbevölkerung!

Deutschland muss sich hart an den geltenden Menschenrechtskonventionen orientieren und darf sich nicht der Gefahr einer Komplizenschaft für einen weiteren stillen und langsamen Genozid an der palästinensischen Zivilbevölkerung aussetzen! Die Staatengemeinschaft hat schon zulange die Situation des palästinensichen Volkes unbeachtet gelassen.

Besonders im Hinblick auf den Einfluss des Irans auf den Nahostkonflikt war es nie wichtiger als heute, dass Deutschland in seiner Außenpolitik integrierend bleibt und zunehmend aus der Schuldgefühlecke herauskommt.

Die Iranische Regierung steht wegen der nicht endenden Proteste aktuell innenpolitisch mit dem Rücken an der Wand und hat natürlich ein immenses Interesse den Wahrnehmungsfocus der Welt und der eigenen Bevölkerung von sich weg zu richten.  Die Feinde von Frieden, Freiheit und Demokratie sind weder das Israelische noch das Palästinensische Volk, sondern die faschistischen Regierungen Weltweit und insbesondere die Islamische Regierung des Irans, die als Strippenzieher im Hintergrund für das aktuelle Chaos in Westasien verantwortlich ist!